200 Millionen Polygone

oder: wie man ein Birnbaumrelief digitalisiert

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Ein Relief aus Birnbaumholz und die Herausforderung(en) der Digitalisierung

Zu einer der bekanntesten Kunstkammer-Arbeiten in Gotha zählt die Darstellung des Sündenfalls des Meisters „IP“, deren Herstellung in das Jahr 1525 datiert wird. Das virtuos geschnitzte Relief aus Birnbaumholz thematisiert die Geschichte des ersten Menschenpaares. In der wilden, üppig bepflanzten Berglandschaft sind neben Adam und Eva zahlreiche Tiere zu erkennen, die dabei durchaus symbolische Kraft haben: So verkörpert der Elch das melancholische, der Hase das sanguinische, die Katze das cholerische und der Ochse das phlegmatische Element.

Das Relief bietet zahlreiche Möglichkeiten der Interpretation und wird zu einem Rätsel, das der Betrachter aufzuschlüsseln hat. Über die Virtuosität des kunsthandwerklichen Arbeit hinaus verkörpert das Relief somit auch ein geistreiches Gedankenspiel, an dem der Betrachter der Renaissance viel Freude hatte: es sprach nicht nur seinen Kunstsinn an, sondern bot ihm die Möglichkeit, bei der Entschlüsselung auch seine Bildung und Gelehrsamkeit unter Beweis zu stellen.

Der Blick in die Details nach 500 Jahren

Das Relief lässt sich schon im ersten Kunstkammerinventar nachweisen. Daher besteht die berechtigte Vermutung, dass die Arbeit des Künstlers, der zum Entstehungszeitraum vermutlich eine Werkstatt in Passau oder Salzburg hatte, der Münchner Kunstkammer entstammte und 1632 dort geraubt wurde.

Mittels Photogrammetrie, also einer Vielzahl von Einzelfotos in einem standardisierten Beleuchtungssetup, entstand ein 3D-Digitalisat des Reliefs. Extreme Herausforderung war die Erfassung und Darstellung der aufwändigen Details und vielen Hinterschneidungen des Objektes. Dazu wurden rund 300 Einzelaufnahmen mit einer Vollformatkamera mit 50MP pro Aufnahme erstellt. Im Anschluss wurde das Relief auf einer HighEnd Workstation in hochaufgelöstem Detaillevel mit rund 200 Millionen Polygonen berechnet. Im Anschluss erfolgte die Rekonstruktion für einen normalen Detailgrad auf rund 80 Millionen Polygone. Die dynamische Reduktion auf 500.000 Polygone beschleunigt den mobilen Zugriff.

Über diesen Link können Sie sich den Sündenfall als 3D-Digitalisat ansehen.

Die Aufnahmen wurden von der FRÖBUS GmbH (Köln) im Rahmen eines durch die Thüringer Staatskanzlei geförderten Digitalisierungsprojektes der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) erstellt.